Eine Parodontitis ist eine Entzündung (-itis) des Zahnhalteapparates (Parodont).
Zu Beginn steht immer eine Gingivitis, sprich eine Entzündung des Zahnfleischs (Gingiva). Dieser Zustand ist noch reversibel. Unbehandelt entwickelt sich auf Dauer eine Parodontitis. Hier wird das Gewebe, v.a. der Kieferknochen irreversibel geschädigt.
„An der Verankerung des Zahnes im Knochen sind verschiedene anatomische Strukturen (Zahnfleisch, Knochen, Wurzelzement und Haltefasern) beteiligt, die unter dem Begriff Parodontium (Zahnhalteapparat) zusammengefasst werden. Eine Parodontitis ist eine entzündliche Erkrankung, die in erster Linie durch Bakterien in den Zahnbelägen (Plaque) verursacht wird.
Im Laufe der Erkrankung kommt es dabei zur Zerstörung aller Anteile des Zahnhalteapparates und damit zu Zahnfleischrückgang, Lockerung des Zahnes und in fortgeschrittenen Fällen auch Zahnverlust.
Eine Parodontitis beginnt immer mit einer Zahnfleischentzündung (Gingivitis), die sich durch Rötung und Schwellung des Zahnfleischs und vor allem durch Zahnfleischbluten bemerkbar macht. Aus einer Gingivitis kann sich eine Parodontitis entwickeln, ohne dass Sie deutliche Zeichen davon wahrnehmen. Außer gelegentlich blutendem Zahnfleisch treten eventuell Mundgeruch auf, es kann zur Änderung der Zahnstellung, länger werdende und gelockerte Zähne kommen. Eine Parodontitis verläuft zumeist ohne deutliche Schmerzen und wird daher oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt“ (Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e.V.)
„Die gesunde Mundhöhle wird von über 700 Arten von Bakterien besiedelt, die überwiegend nützlich oder harmlos für den Menschen sind. Gingivitis oder Parodontitis entwickeln sich, wenn durch unzureichende Reinigung der Zähne die Zahnbeläge und damit die Menge der Bakterien zunimmt. Wird der zunächst weiche Belag bei der Zahnpflege nicht entfernt, verfestigt er sich durch Einlagerung von Mineralien: Es entsteht Zahnstein. Zahnstein fördert das Wachstum der Plaque Richtung Zahnwurzel. Zwischen Zahnwurzel und Zahnfleisch bildet sich ein Spalt, die Zahnfleischtasche. Sie stellt einen idealen Lebensraum für Bakterien dar.
Gifte aus dem Bakterienstoffwechsel gelangen in das Zahnfleisch. Dort lösen sie eine Reaktion der körpereigenen Abwehr aus. Schweregrad und Verlauf der Zahnbetterkrankungen werden daher nicht nur von Menge und Art der Bakterien bestimmt, sondern auch von der individuellen Stärke der natürlichen Abwehr des Patienten. Zudem können weitere Risikofaktoren den Verlauf der Erkrankung beeinflussen.“ (Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e.V.)
Eine Umfrage der Bundeszahnärztekammer zeigt, dass ca. jeder fünfte Patient die Begriffe Parodontitis oder Parodontose nicht kennt.
Parodontitis zählt zu den Volkskrankheiten mit einer Häufigkeit von ca. 50%. Dabei handelt es sich zu 43,4% um moderate und zu 8,2% um schwere Verlaufsformen. (DMS V/ IDZ)
Ab dem 45. Lebensjahr ist die Parodontitis die häufigste Ursache für den Verlust von Zähnen. Raucher unterliegen einem besonders hohen Risiko eine Parodontitis zu entwickeln. (DGZMK)
Die Erkrankung verläuft zumeist schmerzfrei und deshalb unbemerkt. Zeichen sind Blutungsneigung beim Zähneputzen und Schwellungen des Zahnfleisches sowie Mundgeruch, freiliegende, ggf. empfindliche Zahnhälse und Zahnwanderung. Der Verlauf ist normalerweise sehr langsam und chronisch, kann aber auch in akuten Formen auftreten, dann mit Schmerzen und schnellerem Fortschreiten. Auch unterschieden werden lokalisierte und generalisierte Formen.
Bei der Parodontitis-Behandlung erfolgt zuerst in einer Vorbehandlung eine Reinigung aller Zähne über dem Zahnfleisch, zum Abbau vorliegender Zahnfleischentzündungen. Dies kann den Zustand in einigen Fällen schon signifikant verbessern. Danach erfolgt eine Messung aller Taschentiefen und zusätzlich eine Röntgenanalyse zur Beurteilung des genauen Knochenverlaufs. In der Hauptbehandlung werden schließlich die Wurzeloberflächen unter Betäubung unter dem Zahnfleisch gereinigt. Meist erfolgt dies in zwei Sitzungen, um die Belastung so gut es geht zu verteilen.
Ziel ist im Rahmen einer sogenannten Full-Mouth-Desinfection eine möglichst weitgehende Senkung oral-pathologischer Keime (Keimzahlsenkung) zur Herstellung möglichst optimaler Heilungsvoraussetzungen zu schaffen. Infolgedessen sollte, falls vorhanden, zusätzlich eine Reinigung der Prothesen erfolgen, um effektiv alle Bakterienquellen gleichzeitig zu eliminieren. Man überführt die Gewebe um die Zahnwurzel so in einen entzündungsfreien Zustand um einen weiteren Abbau zu bremsen.
Je nach individueller Ausprägung und Risikoprofil können ergänzend zur Behandlung auch systemische Antibiotika zur Unterstützung und Verbesserung des Ergebnisses eingesetzt werden. Meist hat sich dazu eine Kombination von Amoxicillin und Metronidazol bewährt.
Eine unbehandelte Parodontitis gilt als gesundheitlicher Risikofaktor bei verschiedenen Erkrankungen wie Diabetes, rheumatoider Arthritis sowie Herz-Kreislauferkrankungen und kann Frühgeburten auslösen. (DGZMK) Es können dabei sowohl in die eine als auch in die andere Richtung (bidirektional) Wechselwirkungen bestehen. So zählt Diabetes als Risikofaktor für die Entstehung einer Parodontitis und andersherum kann eine Parodontitis diabetische Komplikationen begünstigen. Ggf. empfehlen wir eine Rücksprache mit Ihrem behandelnden Arzt.
Besonders wichtig ist die Etablierung einer ausreichenden häuslichen Mundhygiene mit Augenmerk auf der Zahnzwischenraumpflege sowie eine lebenslange Nachsorge beim Zahnarzt mit regelmäßigen Kontrollen und professionellen Zahnreinigungen, je nach Risikoprofil in einem individuell auf Sie abgestimmten Rhythmus von bis zu vier Reinigungen pro Jahr, die sogenannte Unterstützende Parodontitis Therapie (UPT). Dieser auf Sie abgestimmte Intervall sollte durch regelmäßige Neuevaluation immer wieder an die aktuelle Situation angepasst werden und kann sich im Laufe der Zeit verändern.
Da es sich im Wesentlichen um eine überschießende Entzündungsreaktion mit verringerter Heilung handelt, können Heilung sowie Aufrechterhaltung unterstützt werden durch verschiedene Maßnahmen.
Dazu zählen antibakterielle Maßnahmen wie langwirksame Medikamententräger (PerioChip®), die bis zu 11 Wochen eine Besiedlung der Tasche mit parodontogenen Bakterien verhindern. (Kosten ca. 30-35€). Anwendung je nach Risikoprofil ein- oder mehrfach pro Jahr. Für Sie unbemerkt und ohne weitere Maßnahmen, die beachtet werden müssen.
Ein anderer Aspekt ist das Ungleichgewicht im Knochenstoffwechsel mit übermäßigem Knochenabbau. Mit Hilfe des lokalwirksamen Antibiotikums Doxycyclin können Knochen-abbauende sogenannte Osteoklasten und Kollagenasen gehemmt und der Knochenstoffwechsel wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Dabei wird ein Gel in tiefe Taschen eingebracht (Ligosan® Slow Release) um dort über mind. 11 Tage seine Wirkung zu entfalten. Fixiert wird es dort mit einem sich selbst auflösendem Wundverband. (Kosten ca. 80-100€). Voraussetzung ist eine von Zahnstein und Belägen gereinigte und entzündungsfreie Tasche. Im Anschluss sollte möglichst auf heiße Getränke und Speisen sowie Milchprodukte und kalziumhaltige Lebensmittel verzichtet werden.
Nicht abschließend geklärt ist der Einsatz von Probiotika, die z.B. über Kaugummis oder Lutschtabletten verabreicht werden können. Diese scheinen kurzfristig einen positiven Einfluss auf das negativ verschobene Verhältnis der Bakterien im Mundraum zu haben. Ihr Einsatz kann zumindest kurzzeitig eingeschränkt empfohlen werden.
Erreichbar ist eine Reduktion des Abbaus von Stützgewebe von 2% pro Jahr auf 0,5% pro Jahr. Über einen Zeitraum von 40 Jahren berechnet würde dies einem Abbau von nur 20% statt 80% der Stützgewebe bedeuten.
Weitere Faktoren zur Begünstigung des Voranschreitens einer Parodontitis sind z.B. ein schlecht eingestellter Diabetes oder Nikotinkonsum.
In der Praxis sollte der Zustand des Zahnhalteapparates regelmäßig anhand des Parodontalen Screening Index (PSI) überprüft werden. Auch Röntgenbilder zur Kontrolle des Knochenverlaufes können regelmäßig angefertigt werden.